BLOGARTIKEL ANHÖREN:
Zu Weihnachten bekam ich doch tatsächlich eines dieser Ausmalbücher für Erwachsene geschenkt. Das Buch ist so aufgebaut, dass es jeweils auf der Vorderseite eine dieser Ausmalvorlagen hat und auf der Rückseite … nichts. Für den Fall, dass die Stifte beim Ausmalen der Vorderseite durchdrücken.
So weit, so gut. Ich blätterte das Buch nun also durch um mir eine Vorlage auszusuchen, als etwas Merkwürdiges geschah: Beim Betrachten dieser vielen Linien wurde mir eng und ich spürte eine körperliche Unruhe. Ich blätterte weiter in der Hoffnung, eine andere Vorlage würde nicht dieses sonderbare Gefühl in mir erzeugen. Doch Fehlanzeige: Unruhe, Druck, Enge. Irgendetwas in mir kam in Schwierigkeiten. Wo sollte ich anfangen, nach welchem Muster sollte ich vorgehen? Ich fühlte mich … überfordert.
Einen Augenblick lang war ich irritiert: Viele Menschen entspannten sich mit diesen Vorlagen. Warum schienen sie bei mir genau das Gegenteil zu bewirken?
Noch während ich darüber nachdachte, bemerkte ich allerdings etwas weiteres: Sobald mein Auge auf der leeren Rückseite landete, schien sich alles in mir wieder zu entspannen. Das weiße Blatt wirkte auf mich wie Balsam. Es beruhigte und besänftigte mich. Haaaach, wie herrlich frei und offen du doch bist, du geliebtes weißes Blatt.
Nun weiß ich ja, dass viele Kreativschaffende manchmal Angst vor dem leeren, weißen Blatt – der weißen Leinwand haben. Natürlich ist es nicht direkt Angst vor dem Blatt an sich, sondern es ist meist die Angst zu versagen, nicht gut genug zu sein. Allerdings glaube ich schon, dass es durchaus etwas damit zu tun hat, ob ich das weiße Blatt als einen freundlichen Ort wahrnehme. Die Medizin bei Angst ist meiner Erfahrung nach immer “Liebe”. Und deshalb teile ich mit dir hier und jetzt meine Liebe zum weißen Blatt mitsamt einer Erklärung der ebensolchen:
Liebeserklärung an das weiße Blatt
“Wir haben alle Zeit der Welt” flüstert deine Reinheit mir zu
und du bist bereit bis ich bereit bin, dir etwas anzuvertrauen.
Du bist einfach da und hörst still zu
und egal, was mein erstes Wort ist, mein erster Strich…
… welche Farbe ich wähle, ob ich dich zerknäule und wieder entfalte – es ist dir willkommen. Dein ganzes Sein ist bedingungslose Annahme.
Dein Nichts spricht eine Einladung aus,
den Raum zu bewohnen, den du mir anbietest.
Du wertest nicht, du gibst nichts vor,
grenzenlose Freiheit bis an unsere Ränder – deine und meine.
Jeden Menschen lässt du sich auf dir ausdrücken wie er möchte.
Für dich sind alle gleichwertig.
Du bist die Güte in Person….. hätt ich fast geschrieben,
aber du bist ja gar keine Person.
Mir fällt jetzt gerade kein guter Schluss für meine Liebeserklärung ein. Aber hast du bemerkt, worauf ich hinausmöchte? Das weiße Blatt berührt den Freigeist in dir. Es lädt dich ein und es wartet so lange, wie du brauchst, um diese Einladung anzunehmen. Und hast du auch nur einen einzigen Strich darauf gemacht, ja, sogar nur einen winzigen Punkt – dann hast du den Raum betreten, der das weiße Blatt für dich ist. Und nun füllst du ihn mit deiner Persönlichkeit. Mit den Strichen, die nur du so ziehst. Mit den Worten, die nur du so schreibst, mit den Tupfen, die nur du so tupfst. So wie du eine Wohnung einrichtest.
So wie du dich als Kind hast in den Schnee fallen lassen und er den Abdruck deines Menschseins, vielleicht sogar deines Engelseins, aufgenommen hat.
Ich wünsche Dir viel Freude dabei, und weisst du was das Beste ist? Jedes neue weiße Blatt ist eine neue Einladung – ein neuer Raum.
Alles Liebe für Dich,
Petra
PS: Bis zu dieser neuen Erfahrung habe ich mir stets selbst meine Ausmalvorlagen gemacht und vor einiger Zeit ein Video dazu aufgenommen. Wenn dich das interessiert, findest du es im HIER .
In meinen Blogartikeln schreibe ich über meine persönlichen, selbstgemachten Erfahrungen. Nimm dir, was dich bewegt – den Rest vergiss getrost. Weder muss ich meine Erfahrungen an deine anpassen, noch du deine an meine. Alles ist in stetiger Veränderung und nichts ist hier in Stein gemeißelt. Ich bin frei und du auch.