BLOGARTIKEL ANHÖREN:
Naturgegeben steht “Zeit” bei uns auf der Haben-Seite. Genauso wie Räume, Werkzeug, Muskelkraft, Einfallsreichtum und was uns sonst noch so zur Verfügung steht. Die Krux ist, dass irgendetwas in unserem modernen Leben die Sache auf die Soll-Seite verschoben hat und bei vielen von uns “Zeit” mit “Mangel” verknüpft ist.
Als ich anfing, mich mit meiner Zeit zu beschäftigen, war der Schieberegler meines Zeitempfindens weit im roten “Nicht Haben”. Das Gefühl der Zeitnot und Eile war zu einem Grundgefühl geworden und ich lebte hungrig auf den Moment hin, in dem einmal alles erledigt ist und ich endlich genug Zeit für mich haben würde.
Bücher darüber, wie die Zeit zu managen sei, verfehlten ihre Wirkung. Meine Zeit wollte sich nicht managen lassen. Vielleicht lag es daran, dass ich insgeheim hoffte, die Zeit vermehren zu können. Glaubst du zum Beispiel auch, dass du dir Zeit “nehmen” kannst? Wenn ja, woher nimmst du sie?
Ich habe diesen Ort nie gefunden – doch ich wandte die Strategie an, die ich unten im Video mit dir teilen möchte, und verschob damit den Regler Stück für Stück in Richtung Haben.
Ich beobachtete dabei meinen Reflex, geschaffene Freiräume gleich wieder mit neuer Aktivität, neuen Zielen und Terminen schließen zu wollen. Es schien eine Art Kreislauf zu geben, in dem das eine das andere bedingt:
Ist dir schonmal aufgefallen, wie ungeduldig wir Menschen werden, wenn es mal wo stockt? Da wird gehupt, gedrängelt, sich beschwert. Wir wollen eben weiter. Und das flott. Wohin? Wozu? Egal. Weiter eben. Wir sind hungrig. Und wir scheinen unter Druck zu geraten, wenn wir anhalten müssen. Gleichzeitig planen wir den feierlichen Ausstieg aus dem Hamsterrad. Später. Wenn alles erledigt ist. Das ist zukunftsorientiert und die Zeitzone der Zukunft ist “Soll”.
Dass sich etwas in mir begonnen hatte zu verändern, bemerkte ich im Einkaufsladen an der Kasse. Ich stand mit meinen Wocheneinkäufen in der Schlange als eine Kundin heraneilte und mich fragte, ob sie vor mich darf. Ja, sagte ich, ich hab Zeit. Was? Wer hatte das gerade gesagt? Aber…….stimmt eigentlich. Nach längerem Nachdenken gab ich mir recht. Ich hatte Zeit. Nichts stand mehr an. Nichts als ein schöner, weit offener Abend.
Ganz klar: Auch in dieser Sache bin ich eine Übende und die Gewohnheit, keine Zeit zu haben, ist sehr stark und ausserdem gesellschaftlich anerkannt. (Schonmal aufgefallen, wie oft wir einander erzählen, keine Zeit zu haben?).
Ein gutes Schmiermittel, um den Schieberegler in Richtung Haben zu bewegen, ist das Zugeständnis an sich selbst, nicht so beschäftigt sein zu müssen wie alle anderen.
Ich begann Hinweise dafür zu sammeln, dass ich Zeit habe. Einen hatte ich ja schon: Den mit der Dame im Einkaufsladen. Ich fand noch mehr. Und ich entdeckte, dass es noch einen anderen Kreislauf zu geben scheint, wo das eine das andere erzeugt:
In dem ich meine Aktivitäten einreduzierte wie eine gute Soße, lud ich Ruhe und Klarheit ein. Es war, als habe ich nach rasender Fahrt die Geschwindigkeit heruntergenommen: Plötzlich kriegte ich mit, durch welche Landschaft ich fuhr. Das macht satt. Das lässt zufrieden die Füße aufs Hier und Jetzt stellen und das Hier und Jetzt gibt guten, festen Boden.
Wenn du Lust auf diesen guten, festen Boden hast, lade ich dich ein, mit mir ein wenig Zeit zu basteln. Ja, richtig gelesen. Und, ja, es ist mit einem Augenzwinkern anzuschauen, doch die Essenz ist eine sehr wichtige. Denn wer satt ist, kann da sein, kann Freude empfinden, kann geben, kann kreativ sein, kann die Welt bereichern. Kann leben und braucht nicht zu überleben.
Lass uns nie vergessen, dass es unsere eigene Hand ist, die auf dem Schieberegler zwischen den “Zeitzonen” liegt und die darüber entscheidet, in welchem Kreislauf wir uns bewegen.
In diesem Sinne wünsche ich dir ein “gutes Händchen”
und ordentlich Zeit für dich zum sattessen,
Petra
In meinen Blogartikeln schreibe ich über meine persönlichen, selbstgemachten Erfahrungen. Nimm dir, was dich bewegt – den Rest vergiss getrost. Weder muss ich meine Erfahrungen an deine anpassen, noch du deine an meine. Alles ist in stetiger Veränderung und nichts ist hier in Stein gemeißelt. Ich bin frei und du auch.